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Funktionsmengen
In der Schule hast du Paare und Tripel reeller Zahlen benutzt, um Punkte in der Ebene oder im Raum zu beschreiben. Die Zahleneinträge werden dabei als Koordinaten bezüglich eines rechtwinkligen Koordinatensystems interpretiert. Die Menge \(\mathbb R^2\) aller Zahlenpaare beschreibt dann eine unendlich ausgedehnte Ebene und \(\mathbb R^3\) den gesamten Raum.
Steht der Ausdruck \(M\) für eine Menge und ist \(n\) Ausdruck für eine natürliche Zahl. Dann ist der indizierte Ausdruck \(M^n\) ein Mengenausdruck, der für die Menge aller \(n\)-Tupel mit Einträgen aus der Menge \(M\) steht.
Funktionen auf der Menge aller Zahlentripel spielen eine große Rolle in der Physik, denn jedes Kraftfeld und jede Eigenschaft wie Temperatur oder Luftdruck ist als Funktion beschreibbar, die jedem Raumpunkt einen entsprechenden Wert zuweist. Steht beispielsweise \(T\) für die Temperaturfunktion in einem Raum, den wir durch eine Teilmenge \(D\) von \(\mathbb R^3\) beschreiben und ist \((1,0,2)\) ein Punkt in diesem Raum, gilt also \((1,0,2)\in D\), dann steht \(T((1,0,2))\) für den Temperaturwert an diesem Punkt. Da die doppelte Klammerung bei der Auswertung von \(T\) etwas störend wirkt, vereinbaren wir folgende Schreibregel, die uns erlaubt, einfach \(T(1,0,2)\) zu schreiben.
Ist der Argumentausdruck in einem Auswertungsausdruck selbst rund geklammert, so können diese Klammern auch weggelassen werden.
Ist die Temperaturverteilung im Raum \(D\) zeitlich veränderlich, so muss die Definitionsmenge neben den Raumkoordinaten auch noch die jeweiligen Zeitpunkte umfassen. Beschreibt man die betrachteten Zeitpunkte als Elemente einer Teilmenge \(I\) von \(\mathbb R\), dann haben die Argumente von \(T\) die Form \((t,p)\), wobei \(t\in I\) und \(p\in D\) gelten muss. \(T(t,p)\) steht dann für die Temperatur im Punkt \(p\) zur Zeit \(t\).
In diesem Beispiel ist \((t,p)\) ein Tupel, dessen Einträge nicht aus der gleichen Menge entnommen sind. Um auch solche Tupelmengen beschreiben zu können, benutzen wir die kartesische Produktnotation [1] , die in der folgenden Regel beschrieben wird.
Ein kartesischer Produktausdruck entsteht durch zwei oder mehr Grundausdrücke bzw. geklammerte Ausdrücke für Mengen, die jeweils durch das Zeichen \(\times\) separiert sind. Er steht für die Menge aller Tupel, deren Komponenten in entsprechender Reihenfolge aus den angegebenen Mengen entnommen sind.
In unserem Beispiel ist die Definitionsmenge der zeitabhängigen Temperarturfunktion also \(I\times D\) und damit eine Teilmenge von \(\mathbb R\times\mathbb R^3\), der Menge aller Paare bestehend aus Zahlen und Zahlentripeln.
Neben Tupelmengen spielen auch Zusammenfassung von Funktionen mit allgemeineren Definitionsmengen eine wichtige Rolle. Dabei schreiben wir \(\mathcal F(X,Y)\) für die Menge aller Funktionen mit Definitionsmenge \(X\) und Zielmenge \(Y\). Insbesondere steht damit \(\mathcal F(\{1,\ldots,n\},Y\}\) für die gleiche Menge wie \(Y^n\).
Seien \(X\) und \(Y\) Mengenausdrücke. Dann ist der Auswertungsausdruck \(\mathcal F(X,Y)\) ebenfalls ein Mengenausdruck.
Während wir zeitabhängige Temperaturverteilungen in unserem Beispiel als Elemente von \(\mathcal F(I\times D,\mathbb R)\) beschrieben haben, wäre auch eine Formulierung mit funktionswertigen Funktionen aus \(\mathcal F(I,\mathcal F(D,\mathbb R))\) denkbar. Ist \(\vartheta\) eine solche Funktion, dann ist \(\vartheta(t)\) für jeden Zeitpunkt \(t\) aus der Menge \(I\) eine Funktion aus \(\mathcal F(D,\mathbb R)\) und damit als räumliche Temperaturverteilung interpretierbar. Erneut ausgewertet in einem Punkt \(p\) aus \(D\) ergibt sich schließlich der Temperaturwert \(\vartheta(t)(p)\) im Punkt \(p\) zur Zeit \(t\).
Während \(\mathcal F(X,Y)\) alle Funktionen zusammenfasst, deren Werte zu jedem Element aus \(X\) in der gleichen Zielmenge \(Y\) liegen, kann man etwas allgemeiner für jedes \(x\in X\) eine separate Zielmenge \(M_x\) fordern. Dies führt auf die sogenannte Produktmenge.
Ein Produktmengenausdruck hat die Form \(\prod_{x\in X} M_x\), wobei \(x\) für einen Platzhalternamen steht, der im Mengenausdruck \(M_x\) vorkommen darf. Der Ausdruck \(X\) steht für eine Menge. Die Produktmenge fasst alle Funktionen mit Definitionsmenge \(X\) zusammen, deren Werte an der Stelle \(x\in X\) in der Menge \(M_x\) liegen.
Dass die Produktmenge das oben beschriebene kartesische Mengenprodukt verallgemeinert, sieht man am Beispiel \(\mathbb R\times\mathbb N\times\mathbb R = \prod_{i\in\{1,\ldots,3\}}(\mathbb R,\mathbb N,\mathbb R)_i\).
[1] Das kartesische Produkt der Mengen \(\mathbb N_{\leq 2}\) und \(\mathbb N_{\leq 3}\) enthält die sechs Tupel \((1,1), (2,1), (1,2),(2,2),(1,3),(2,3)\), deren ersten Komponenten aus \(\mathbb N_{\leq 2}\) und deren zweite Komponenten aus \(\mathbb N_{\leq 3}\) stammen. Die Größe der Produktmenge ist damit gerade das Produkt der beteiligten Mengengrößen.